Systemstart à la carte:
Boot-Editor für Win95/98 V5.1
Auf den ersten Blick bietet Windows 9x kaum Möglichkeiten, den Systemstart zu beeinflussen. Doch das Tools&More-Utility Boot-Editor erlaubt Ihnen, die Regie beim Start selbst zu übernehmen.

Der Boot-Editor
Gerade für ehemalige DOS-/Windows-Anwender ist der Systemstart von Windows 9x nach wie vor mit einem unangenehmen Gefühl verbunden: Minutenlang wird lediglich das bekannte Logo gezeigt, während auf der Festplatte deutlich hörbar die Post abgeht - bis sich dann endlich die grafische Oberfläche zeigt. Ein weiteres Problem stellt die DOS-Eingabeaufforderung dar: Als Option beim Beenden von Windows 9x angeboten, erscheint nach einem Systemstart zwar der DOS-Prompt, so wichtige Dateien wie die autoexec.bat oder config.sys werden jedoch nicht abgearbeitet. Die Folge: Zwar läuft DOS, benötigte Hardwaretreiber für Maus, CD-ROM oder Soundkarte stehen jedoch nicht zur Verfügung. Doch damit ist jetzt Schluß: Der von PC Professionell entwickelte Boot-Editor erlaubt es dem Anwender, zukünftige Systemstarts an die eigenen Bedürfnisse anzupassen.
So unantastbar, wie es zunächst scheint, ist der Systemstart von Windows 9x nicht - wenngleich auch Microsoft allerhand dafür getan hat, über die MS-DOS-Bootroutine den Mantel (oder besser das Logo) des Schweigens zu hängen. Erster Ansatzpunkt für Verbesserungen beim Systemstart ist das Windows-9x-Startmenü (das mit seinem Namensvetter, dem Startsymbol auf der Oberfläche nichts zu tun hat). Standardmäßig bekommt der Anwender dieses Optionsfeld außer bei der Installation oder nach einem Systemcrash gar nicht zu sehen. Erst wenn während der Meldung Windows 9x startet ... die Taste [F8] gedrückt wird, gibt Windows 9x dieses Kleinod preis. Um das Menü jedoch über die F8-Taste zu aktivieren ist zunächst eine schnelle Reaktion erforderlich, denn standardmäßig veranschlagt das Betriebssystem hierfür nur 2 Sekunden - verpaßt der Anwender diesen Augenblick, ist der Systemstart nicht mehr aufzuhalten.
Ist das Windows-9x-Startmenü jedoch erst einmal aktiviert, bietet es unter anderem die Möglichkeiten, das System normal, abgesichert oder als Eingabeaufforderung zu starten, das Laden einzelner Treiber zu bestätigen oder zu untersagen und - sofern vorhanden - eine vorherige Version von MS-DOS zu starten. Allerdings kann es sein, daß die eine oder andere Option gesperrt ist, und daher nicht zu sehen ist.
Der Drahtzieher - die Msdos.sys Verantwortlich dafür, welche Menüpunkte nun dargestellt werden oder nicht, sind Einträge in der Systemdatei msdos.sys im Hauptverzeichnis des Startlaufwerks (beziehungsweise des Host-Laufwerks, falls der betreffende Datenträger komprimiert ist). Diese Datei enthielt in der letzten Version für MS DOS 6.22 einen Teil des Betriebssystems - ausführbaren Binärcode also. Unter Windows 9x ist dieser ursprüngliche Inhalt in die Systemdatei io.sys verlagert worden. Die dadurch entstandenen »Löcher« sind jetzt mit Textstrings zur Erklärung der möglichen Optionen ausgefüllt. Nach wie vor ist die msdos.sys mit den Dateiattributen systembezogen, versteckt und schreibgeschützt versehen. Sind diese Attribute mit dem Befehl attrib -s -r -h c:\msdos.sys entfernt, kann die Datei in einen normalen Texteditor geladen und dann bearbeitet werden. Und das rentiert sich: Beispielsweise ist das Windows-9x-Startmenü so einstellbar, daß es bei jedem Start zumindest 10 Sekunden dargestellt wird, die vorhandene MS-DOS-Version als Auswahloption erscheint und die Logos fortan nicht mehr angezeigt werden.
Aufbau der msdos.sys Die Datei msdos.sys besteht aus drei Sektionen: Die erste lautet Paths und enthält unter anderem Positionsangaben über das Windows-Start- und Host-Laufwerk. Die Einträge der nachfolgenden Sektion Options sind für das Verhalten des Windows-9x-Startmenüs verantwortlich. Abschließend findet sich noch ein Block aus Kommentarzeilen, der die Datei auf eine Mindestgröße von 1 KByte bringt. Dies ist nötig, da sonst ein paar Programme (etwa Virenscanner) falsche Schlüsse aus der Dateigröße ziehen.
Was die Einträge in der Sektion Options im einzelnen bedeuten, ist in der Tabelle »msdos.sys entschlüsselt« mit Erklärungen beschrieben. Die Modifikationen lassen sich anhand eines Texteditors recht einfach vornehmen: Wird beispielsweise der Eintrag bootmenu=0 in bootmenu=1 geändert, so wird beim nächsten Systemstart das Windows-9x-Startmenü automatisch angezeigt - und der hastige Hieb auf die Taste [F8] gehört der Vergangenheit an. Allerdings ist es recht umständlich, das Bootmenü immer auf die gezeigte Weise umzustellen - und wer hat schon alle Schlüssel mitsamt Bedeutung im Kopf. Sehr viel einfacher läßt sich das Bootmenü mit dem hier vorgestellten Boot-Editor konfektionieren.
Funktionsweise des Boot-Editors
Nach dem Start wird zunächst der aktuelle Inhalt der Systemdatei msdos.sys eingelesen, und die gefundenen Werte werden auf fünf Registerkarten (Menü, Start, Pufferung, Drive-/Doublespace und Logoanzeige) verteilt. Auf der ersten Karte Menü geht es um Bootmenü-bezogene Optionen wie die Anzeige des Startmenüs oder die Dauer der Ausgabe- und Funktionstastenaktivierung. Sollten einmal falsche Einstellungen vorgenommen werden, so bietet die Schaltfläche Standardwerte die Möglichkeit, alle Windows-9x-Standardeinstellungen wiederherzustellen. Ein Klick auf das OK-Symbol sichert veränderte Einstellungen, die ab dem nächsten Systemstart angewendet werden, und beendet das Tool automatisch. Die Schaltfläche Abbrechen beendet das Programm, ohne vorgenommene Booteinstellungen zu speichern.
Auf der Registerkarte Start kann der Anwender festlegen, ob MS-DOS oder das Windows 9x GUI gestartet werden soll und in welcher Form dies geschieht.
Besonders zu beachten ist die Möglichkeit, beim Beenden von Windows 9x gleich den DOS-Prompt zu erhalten: Ist diese Option aktiviert, startet Windows 9x zwar wie gewohnt, nach seiner Beendigung zeigt das System aber nicht die Meldung Sie können den Computer jetzt ausschalten, sondern die DOS-Eingabeaufforderung. Dies wird erreicht, indem die Option BootGUI deaktiviert und der Aufruf der grafischen Oberfläche über eine Stapeldatei ausgeführt wird. Der Vorteil eines solchen Systemabschlusses liegt - im Gegensatz zu der von Windows 9x angebotenen Option Computer im MS-DOS-Modus starten - in der Tatsache begründet, daß ein Neustart des Systems entfällt und alle geladenen DOS-Treiber weiterhin zur Verfügung stehen.
Für Bastler ergibt sich durch die oben genannten DOS-Boot-Möglichkeiten die Option, die OS/2-Dual-Boot-Funktionalität (nicht zu verwechseln mit dem OS/2-Bootmanager) über den Befehl Boot /OS2 zu nutzen, sofern die OS/2-Version unter dem FAT-Dateisystem (File Allocation Table) installiert ist. Damit ist es möglich, ohne viel Aufwand OS/2 nach Windows 9x auf der Festplatte zu installieren; dessen Bootmanager ist dazu nicht erforderlich.
Auf den Registerkarten Pufferung und Drive-/DoubleSpace geht es um die doppelte Pufferung für Smartdrive beziehungsweise die automatische Einbindung der Kompressionstreiber beim Systemstart. Diese Einstellungen brauchen allerdings in der Regel nicht geändert zu werden - die vorgegebenen Standardwerte sind meist optimal.
Die letzte Registerkarte Logoanzeige dient zum Aktivieren oder Deaktivieren der Start- und Ende-Logos von Windows 9x. Die vorhandenen Bilder werden auf dieser Karte mit angezeigt, wobei auch eventuelle Ersatzgrafiken berücksichtigt werden. Übrigens: Eine Deaktivierung kann nicht nur aus ästhetischen Gründen sinnvoll sein. Aufgrund der Logoanzeige kann es beim Systemstart zu Problemen mit Speichermanagern anderer Hersteller kommen. Dies begründet sich darin, daß bei der Darstellung der Grafiken auch eine Reihe von Interrupts umgeleitet werden, was zu Verwirrung bei der Initialisierung der Memory-Manager führen kann.
Der Boot-Editor Das in Visual Basic erstellte Tool erscheint im Windows 9x bekannten Registerkarten-Look und bietet alle möglichen Einstellungsoptionen der msdos.sys mit klar verständlichen Bezeichnungen. Darüber hinaus bietet das Tool noch das ein oder andere Goodie wie zum Beispiel eine Vorschau auf die verwendete Start- und Endgrafik.
MSDOS.SYS ENTSCHLÜSSELT Schlüsselname mit Standardwert Beschreibung
BootKeys=1 Ein Wert von 1 aktiviert die Starttasten [F4], [F5], [F6] und [F8] - ein Wert von 0 deaktiviert sie. Letzteres hat somit zur Folge, daß das Bootmenü nicht mehr per Tastendruck aufgerufen werden kann.
BootMenu=0 Bei einer Einstellung von 1 wird das Bootmenü automatisch für die in BootMenuDelay festgelegte Zeit angezeigt. Wird eine 0 angegeben, so muß zur Darstellung des Bootmenüs eine der Boot-Tasten gedrückt werden.
BootMenuDefault=1 Voreinstellung der Auswahl aus dem Bootmenü. Standardwert ist 1 (Standard), falls das System zuvor schon korrekt gestartet werden konnte, 4 (abgesichert) für den Fall, daß es zu Problemen kam.
BootMenuDelay=30 Legt die Dauer der Bootmenüanzeige in Sekunden fest. Verstreicht diese Zeit, ohne Anwenderreaktion, so wird der Startvorgang mit der Standardoption (BootMenuDefault) fortgesetzt.
BootDelay=2 Legt die Dauer der Meldungsanzeige Windows 9x startet ... in Sekunden fest. Innerhalb dieses Zeitraums kann das Bootmenü durch die Starttasten [F4], [F5], [F6] und [F8] aufgerufen werden. Diese Einstellung wird ignoriert, falls BootMenu=0 vereinbart wurde.
Network=0 Ein Wert von 1 bedeutet, daß auf dem System Netzwerkunterstützung installiert wurde, und fügt dem Bootmenü den Eintrag Abgesichert, mit Netzwerk hinzu.
BootWarn=1 Wird diese Einstellung auf 0 gesetzt, wird im Falle eines Starts im abgesicherten Modus keine entsprechende Meldung ausgegeben.
BootFailSafe=0 Ein Wert von 1 läßt das System grundsätzlich im abgesicherten Modus starten.
BootGUI=1 Legt fest, daß nach dem Systemstart sofort die grafische Oberfläche von Windows gestartet wird. Ein Wert von 0 startet zwar das System, unterläßt aber den abschließenden Aufruf von win - man findet sich also an der Eingabeaufforderung wieder.
BootMulti=0 Stellt die Multi-Boot-Option ein, anhand derer eine vorherige MS-DOS-Version gestartet werden kann, sofern noch vorhanden (Wert 1). In diesem Fall wird dem Bootmenü der Eintrag Vorherige MS-DOS-Version hinzugefügt und die Tasten [F4] und [F8] für den Boot-Prozeß aktiviert.
BootWin=1 Legt fest, welches Betriebssystem beim Systemstart standardmäßig geladen werden soll - somit nur sinnvoll auf Multi-Boot-Installationen. Ein Wert von 1 startet als Standard Windows 9x, ein Wert von 0 die vorherige MS-DOS-Version. Letzteres weist einen kleinen Fehler auf: Ruft der Anwender bei einer Einstellung von 0 die Bootmenü-Option Standard auf, startet die vorherige MS-DOS-Version. Wählt er hingegen den Eintrag Vorherige MS-DOS-Version, wird Windows 9x gestartet.
DoubleBuffer=0 Dient zur Einstellung der doppelten Pufferung für Smartdrive:
0: Grundsätzlich keine doppelte Pufferung
1: Doppelte Pufferung nur für die Controller, die diese benötigen (beispielsweise bestimmte SCSI-Adapter).
2: Immer doppelte Pufferung aktivieren
DBLSpace=1 Ein Wert von 1 erlaubt das automatische Laden der Datei dblspace.bin, ein Wert von 0 unterbindet dies.
DRVSpace=1 Ein Wert von 1 erlaubt das automatische Laden der Datei drvspace.bin, ein Wert von 0 unterbindet dies.
LoadTop=1 Erlaubt das Laden des Kommandointerpreters command.com und der Treiber drvspace.bin/dblspace.bin an das obere Ende des konventionellen Speichers. Der Wert 0 unterbindet dies, was bei bestimmter Software nötig sein kann, die sich selber an diesem Ort plazieren muß.
Logo=1 Erlaubt oder unterbindet (Wert 0) die Darstellung der Logos beim Systemstart und Systemende. Eine Deaktivierung kann auch dann sinnvoll sein, wenn es beim Systemstart zu Problemen mit Speichermanagern anderer Hersteller kommt. Dies begründet sich darin, daß bei der Darstellung des Logos auch eine Reihe von Interrupts umgeleitet werden.
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